Rund 160 Delegierte und Gäste aus ganz Bayern versammelten sich vom 29. Mai bis 1. Juni 2025 in Pappenheim zum Landesjugendkonvent der Evangelischen Jugend in Bayern (EJB). Das höchste Gremium ehrenamtlich engagierter Jugendlicher stand unter dem Motto „Zwischen lost & found – Jugend auf Sinnsuche“. Im Mittelpunkt stand das Thema „Junge Menschen und moderne Spiritualität“. Neben spirituellen Impulsen wie einem Agapemahl – ein gemeinschaftliches, christliches Mahl – und Workshops wie z. B. Bibelyoga oder eine Andacht auf einem Stand-Up-Paddle am Brombachsee, diskutierten die Teilnehmer:innen zentrale Themen der kirchlichen Jugendarbeit und fassten neue Beschlüsse.
„Der Landesjugendkonvent zeigt: Die Evangelische Jugend in Bayern ist und bleibt ein zentraler Ort, an dem junge Menschen sich einbringen, Fragen stellen und spirituell wachsen können. Vom Lagerfeuer über Glauben auf dem Wasser bis in die Berge oder beim Pilgern – wir bieten Jugendlichen zeitgemäße Formen, um ihrem Bedürfnis nach Spiritualität nachzugehen“, sagt Joel Brodersen, Vorsitzender des Leitenden Kreises des Landesjugendkonvents.
Was ist Spiritualität für junge Menschen?
Spiritualität beschreibt die Suche, Erfahrung oder das Bewusstsein einer Verbundenheit mit etwas Größerem als dem eigenen Selbst. Gerade junge Menschen suchen solche Erfahrungen. Laut aktuellen Studien bezeichnet sich knapp jeder fünfte Jugendliche als „religiös“ und jede zweite Person als „gläubig“. Über 40 Prozent der evangelischen 12- bis 25-Jährigen beten laut der 19. Shell Jugendstudie (2024) mehrmals pro Jahr, 13 % einmal oder öfter pro Woche. Außerdem seien die spirituellen Ausdrucksformen sehr divers: Lobpreis/Worship, persönliches Gebet oder Gespräche über den Glauben sind bei jedem zweiten jungen Christen fest im Alltag verankert. Die vermeintlich niedrige Religiosität dürfe allerdings nicht so verstanden werden, dass junge Menschen nicht an Spiritualität interessiert seien, betonte Sebastian Heilmann, Referent für Konzeption und Innovation in der EJB, in seiner Keynote. „Das Gegenteil ist der Fall: Spiritualität ist ein Grundbedürfnis aller Menschen. Junge Menschen erleben sie beim Beten, in der Natur, in Gemeinschaft – und wir als Kirche müssen solche Räume öffnen, die eigene Spiritualität zu entdecken, ohne zu missionieren. “ Heilmann plädiert dafür, moderne Ausdrucksformen ernst zu nehmen: Von Festival-Gottesdiensten über spirituelle Naturerfahrungen bis hin zu kreativen Andachtsformaten wie Bibelyoga oder Meditationen. Für ihn ist klar: Die Kirche kann jungen Menschen dann eine Begleiterin sein, wenn sie deren Fragen und Ausdrucksformen ernst nimmt.
Konfirmanden-Zeit: Erlebnisse statt Belehrungen
Die Fachstelle für Konfi-Arbeit der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern (ELKB) berichtete auf dem Landesjugendkonvent: Jugendliche erleben Spiritualität besonders durch aktive Beteiligung. Erlebnisse sind wichtiger als Belehrungen. Dabei zeigen Studien: Junge Menschen haben spirituelle Bedürfnisse, dazu brauchen sie passende Ausdrucksformen und Begleitung auf Augenhöhe. Das ist auch der Auftrag der Fachstelle. Sie berät, entwickelt und vernetzt rund um die Konfirmandenzeit. Immerhin wurden im vergangenen Jahr 15.679 getaufte Kinder im Alter zwischen 13 und 15 Jahren konfirmiert und sind damit als mündige Glieder in ihre Kirchengemeinde aufgenommen worden. Deswegen begleitet die Fachstelle Gemeinden mit dem „Konfi-Lab“ bei Fragen vor Ort und bietet Seminare und Arbeitshilfen an. Der Fokus liege auf Spiritualität, Gemeinschaft und der Suche nach Orientierung, erklärt Benedikt Vogt, Referent in der Fachstelle. „Die Konfi-Zeit ist eine einmalige Chance, jungen Menschen spirituelle Erfahrungen zu ermöglichen – gerade dann, wenn wir ihnen Raum geben, selbst Fragen zu stellen, Gemeinschaft zu erleben und ihren Glauben auf eigene Weise zu entdecken. “ Besonders zukunftsweisend sei außerdem auch das groß angelegte KonfiCamp „KonfiCon“, das im Juli 2026 in Kooperation mit der Jugendbildungsstätte Neukirchen stattfinden solle sowie der geplante Konfi-Aktiv-Tag am 11. Oktober 2025 in Nürnberg. Dazu sind Konfi-Gruppen aus ganz Bayern eingeladen, den Konfi-Cup auszutragen oder beispielsweise auch Mitmach- und Bewegungsspiele wie Spikeball, Gummihuhngolf, Bubblesoccer oder Wikingerschach auszuprobieren.
Empfehlungen und Perspektiven zur Weiterarbeit
Nach der inhaltlichen Auseinandersetzung mit dem Schwerpunktthema spricht sich der Landesjugendkonvent als Konsequenz dafür aus, Spiritualität in ihrer ganzen Vielfalt als wichtigen Bestandteil der Jugendarbeit zu stärken. Ziel ist es, spirituelle Angebote zu fördern, die Jugendliche ernst nehmen, ihnen Raum zur Selbstreflexion und Glaubensentwicklung bieten und die Konfi-Arbeit stärker mit der Jugendarbeit verzahnen. Auch neue Gottesdienstkonzepte mit besonderem Fokus auf Ungebundenheit, Partizipation und Interaktion sollen entwickelt werden. Ebenso sollen bestehende Ressourcen gebündelt, eine Materialsammlung für Konfi-Kurse erstellt und die digitale Plattform „EJB vernetzt“ weiterverbreitet werden. Der Beschluss sieht eine enge Zusammenarbeit mit Jugendleitender:innen, Gemeinden und Fachstellen vor.
Beschlüsse zum Rechtsanspruch auf Freiwilligendienst und gesundem Männerbild
In weiteren Beschlüssen forderte die Versammlung einen gesetzlichen Anspruch auf Freiwilligendienst für alle jungen Menschen und sprach sich gegen ein verpflichtendes Gesellschaftsjahr aus. Zudem sollen Geschlechterrollen – insbesondere Männlichkeitsbilder – verstärkt in der Jugendarbeit thematisiert und eine modulare Einheit für Jugendleiter:innen entwickelt werden. Weitere Beschlüsse betreffen die Stärkung der Zielgruppenarbeit für junge Erwachsene, die Förderung arbeitnehmer:innenfreundlicher Strukturen in der EJB, das klare Bekenntnis zum Erhalt eines wirksamen Lieferkettengesetzes sowie die Einrichtung eines Arbeitskreises für „Gelebte Spiritualität und gesunden Glauben“.
Neue Vorsitzende gewählt: Jana Meyer aus Neustadt/Aisch führt künftig an
Neben dem inhaltlichen Schwerpunkt wurden der Haushalt beschlossen und neue Mitglieder für den Leitenden Kreis, Delegierte für die Landessynode und Sportbeauftragte gewählt. Als Nachfolger des bisherigen Vorsitzenden Joel Brodersen aus Fürstenfeldbruck wählte die Versammlung Jana Meyer (Neustadt/Aisch) zur neuen ehrenamtlichen Spitze für zwei Jahre, die bisherigen Beisitzer Jonathan Behrendt (München) und Amelie Endl (Freising) unterstützen als stellvertretende Vorsitzende. Als Beisitzer wurden Pauline Otte (Passau), Eva Grillenberger (München), Felix Wolf (Fürstenfeldbruck), Franz-Ferdinand von Gaisberg (München), Celine Tauchmann (Altdorf) sowie Rebecca Stieglitz (Neustadt/Aisch) gewählt.
Patrick Wolf
Referent für Kommunikation