Rechtsanspruch auf einen Freiwilligendienst

FÖJ-Forum diskutiert Modell der Bertelsmann Stiftung, das Chancen für alle schafft, statt Pflichten zu verordnen.

Sich engagieren, ohne gezwungen zu werden. Ein Dienst an der Gesellschaft, der Chancen eröffnet, statt Pflichten zu diktieren. Vor dem Hintergrund der aktuellen Debatte um ein verpflichtendes Gesellschaftsjahr präsentiert Dr. Gerd Placke von der Bertelsmann Stiftung beim FÖJ-Forum in Nürnberg einen alternativen Ansatz: das „Recht auf ein freiwilliges Gesellschaftsjahr“. Das Modell sieht ein gemeinsames Dach für vier Säulen vor: die inländischen Freiwilligendienste wie FSJ und FÖJ, die Auslandsfreiwilligendienste, den Freiwilligen Wehrdienst bei der Bundeswehr und neue Angebote im Bereich Bevölkerungsschutz. Jugendliche können frei wählen, in welchem Bereich sie ihren Dienst leisten möchten.

Die Grundidee, allen jungen Menschen nach der Schulzeit verschiedene Möglichkeiten des gesellschaftlichen Engagements anzubieten, begrüßt EJB-Vorsitzender Malte Scholz: „Ich bin überzeugt, dass das FÖJ als identitätsbildendes und ganzheitliches Angebot auch weiterhin attraktiv für junge Menschen ist – und zwar ganz ohne Verpflichtung. Junge Menschen übernehmen freiwillig Verantwortung für die Gemeinschaft, wenn die Rahmenbedingungen dafür stimmen.“ Im derzeit diskutierten Spannungsfeld zwischen Freiwilligkeit und gesetzlicher Pflicht könne das Recht auf ein freiwilliges Gesellschaftsjahr eine sinnvolle Lösung für junge Menschen, aber auch für die Gesellschaft sein. Das Modell der Bertelsmann Stiftung trage dazu bei, junge Menschen zu ermutigen, ihre Zukunft aktiv mitzugestalten. „Nicht die Jugendlichen werden verpflichtet, sondern der Staat ist gehalten, allen jungen Menschen, die ein Gesellschaftsjahr leisten möchten, dieses zu ermöglichen“, sagt Malte Scholz. Das Konzept dreht damit die Verantwortung um – aus „alle müssen“ wird „wer will, der kann“.

Rechtsanspruch als Innovationskraft – mit attraktiven Rahmenbedingungen
Auch Moritz Thorn, FÖJ-Sprecher, betont die Bedeutung des Vorhabens: „Das Modell ist eine große Chance, junge Menschen für einen Dienst an der Gesellschaft zu begeistern und gleichzeitig Menschen aus sozial schwächeren Schichten in einem gesellschaftlichen Dienst aufzufangen.“ Durch einen gesetzlich verankerten Rechtsanspruch garantiert der Staat zwar den Anspruch auf einen Freiwilligendienst, die Umsetzung obliegt jedoch bei den zivilgesellschaftlichen Trägern und ihren Einsatzstellen, dass jeder motivierte junge Mensch einen Platz erhält. Dazu müssen die Rahmenbedingungen für zivilgesellschaftliche und kirchliche Träger sowie Einsatzstellen attraktiv gestaltet werden. Die Teilnehmenden des FÖJ-Forums fordern unter anderem:

  • Ein Freiwilligengeld in Höhe des BAföG-Grundbedarfs (derzeit 475 EUR)
  • Eine ÖPNV-Pauschale für das Deutschlandticket
  • Auf Antrag eine Wohnkostenpauschale für jene, die nicht bei den Eltern wohnen können
  • Vorteile bei der Studienplatzsuche
  • Anerkennung als Beschäftigungszeit

 

Daneben ist die gesellschaftliche Anerkennung der Freiwilligendienste, z. B. durch einen Vorteil bei der Studienplatzsuche oder als Anerkennung als Beschäftigungszeit, nach Ansicht der Teilnehmenden sinnvoll. Außerdem wurden auch einheitliche Qualitätsstandards für Freiwilligendienste und der Einsatzstellen, das Stellenangebot auf dem Lande und die fehlende Unterstützung der Schulen bei der Werbung für Freiwilligendienste diskutiert.

Politische Unterstützung
Gemeinsam mit Vertreter:innen aus Jugendverbänden und Kirche diskutieren die politisch Verantwortlichen das Für und Wider des innovativen Modells. Am FÖJ-Forum nahmen Katja Weitzel (MdL, SPD) und Kerstin Celina (MdL, Bündnis 90/Die Grünen) teil, die im Rechtsanspruch auf einen Freiwilligendienst einen richtigen Ansatz sehen, der die aktuelle Diskussion um ein allgemeines verpflichtendes Gesellschaftsjahr bereichere.

Bewerbungsphase 2025/2026 
Am 1. September 2025 beginnt das neue FÖJ für 2025/2026. Interessierte können sich bereits jetzt bewerben: „Wir freuen uns über jede Interessentin und jeden Interessenten, die das FÖJ als Chance für persönliche Weiterentwicklung und für ganz praktisches Engagement für die Umwelt nutzen möchten“, sagt Friedemann Hennings, FÖJ-Referent bei der EJB. Bis zum 14. Mai 2025 läuft die zweite Bewerbungsrunde. Informationen zum Bewerbungsverfahren und alle Fristen finden sich unter www.foej-bayern.de

Patrick Wolf
Referent für Kommunikation
31. März 2025