Die Welt blickt auf KATAR

Einfach mal nicht WM schauen

Fußballweltmeisterschaft – heißt auch Public Viewing mit Freunden. Man sitzt, man sitzt gemeinsam draußen, die Stimmung ist gut und man fiebert mit, ob das Runde jetzt endlich im Eckigen landet. So sieht eine WM normalerweise aus.

Heuer schwingt noch ein bisschen was anderes mit: Nicht nur, dass sie im Winter stattfindet, weil es im Sommer im gastgebenden Land sonst zu warm wäre. Dieses Jahr trägt ein Land die WM aus, in dem es schon im Vorfeld und auch während der Vorbereitung auf die WM negative Schlagzeilen gab. Neben der schlechten Situation für LGBTIQ+ Personen, gab es vor allem Berichterstattung darüber, unter welchen miserablen Bedingungen die Stadien und Unterkünfte für die Fußballer gebaut wurden.

Menschenrechtsorganisationen kritisieren schon seit langem die massiven Verstöße in Katar. Seit 2010 sollen Tausende Arbeiter:innen unter ungeklärten Umständen gestorben oder verletzt worden sein. Es ist davon auszugehen, dass ein Großteil dieser Todesfälle direkt oder indirekt in Zusammenhang mit der WM stehen. In vielen Fällen soll der Lohn angeblich nicht  ausgezahlt oder die Menschen erpresst worden sein.

Bereits 2015 hat sich der Landesjugendkonvent gegen die Teilnahme der deutschen Mannschaft an der FußballWeltmeisterschaft 2022 ausgesprochen und den DFB aufgefordert, die deutsche  Mannschaft nicht zu entsenden. Diesen Beschluss hat der LJKo in diesem Jahr bekräftigt. Trotz einiger Reformen im Arbeitsrecht Katars ist die Menschenrechtslage weiterhin schlecht und nicht hinnehmbar.

Die Bedingungen, unter denen diese WM stattfindet, widersprechen unseren Wertvorstellungen als Evangelische Jugend, die da sind: Gerechtigkeit, Toleranz und Offenheit. Und nicht nur das: Die WM lenkt von diesen menschenverachtenden Bedingungen ab und poliert das Image eines totalitären Staates auf, der in seinem Handeln unseren Werten so sehr widerspricht.

Jetzt mag man meinen, die Forderung nach einem Boykott der WM ist utopisch. Wegen des Beschlusses einer Vollversammlung von jungen Ehrenamtlichen irgendwo in Bayern wird die deutsche Mannschaft kaum zuhause bleiben. Aber dennoch: Ist es nicht das Recht junger Menschen, auch einmal freche, laute Forderungen zu stellen?

Trotz allem, trotz unseres Beschlusses, trotz der Proteste von Menschenrechtsorganisationen und negativer Schlagzeilen in den Medien: Die WM in Katar wird stattfinden – mit deutscher Beteiligung. Wir meinen, wir sollten nicht unreflektiert 22 Männern beim Laufen zusehen, sondern uns fragen, was hinter den Kulissen passiert ist, bevor zu den 90 Minuten gepfiffen wird. Oder einfach dieses Jahr mal gar keine WM schauen! Und somit ein auf profitgetrimmtes Format nicht unterstützen, das sich nicht dafür interessiert, was mit den Menschen passiert ist, die das Event erst ermöglichen.

Anregungen und Methoden für die schulische und kirchliche Bildungsarbeit bietet Global lernen brisant anlässlich der WM in Katar.

Veronika Bartl
Vorsitzende des Landesjugendkonvents